Manfred M. Lang,
Krise
Die eigentliche Krise der Krisen ist das psychopathische Krisengeheul der Medien. Unter anderem auch deshalb weil Krisenjammern einfacher ist, als Optimismus verbreiten. Und weil das sich Bemitleiden der krisenhörigen Leser ebenfalls einfacher ist als ein selbstverantwortliches „yes we do it“.
Etwas schwieriger ist derzeit das kriseneuphorische Schreiben über die Krise des Kunstmarktes. Die will sich nämlich nicht so wirklich medial etablieren lassen. Vielleicht liegt es auch daran, dass es gar keinen Kunstmarkt gibt? Es gibt zwar einen Kunstwerkmarkt, in dem bestimmte Kunstwerke von im Markt mehr oder weniger etablierten, gepushten, gemanagten und mediengesteuerten Künstlern und es gibt natürlich deshalb auch einen gut dotierten Künstlermarkt mit einem lächerlichen Eitelkeitsfaktor inklusive hohem ablaufdatiertem Absturzspotential.
Aber Kunstmarkt? Kunst in einem einzigen Wort vermengt mit mehr oder weniger globaler und hochspekulativer Hybridkapitalisierung?
Kunst und Markt schließen sich unkompatibel aus. Kunstmarkt ist bestenfalls eine unreflektierte und oberflächliche Worthülse. Synonym für das Unmögliche.
Ich mag dieses Wort nicht. Es beleidigt 99,5% der Künstlerinnen und Künstler. Es beleidigt alle Kunstliebhaberinnen und –liebhaber sowie die allermeisten Sammlerinnen und Sammler. Es würde unsere gesamte Kulturtradition infrage stellen.
Wenn es schon einer Nebenkrise bedarf, so ist mir eine Fußballkrise lieber – obwohl, was kann der Fußball dafür.
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