Manfred M. Lang,
Wenn ein Stadtrat einen Brief schreibt
Ich will ja jetzt als einer von bereits Unzähligen den Wiener Kulturstadtrat nicht mehr fragen, warum er glaubt, der Frau Zechner unbedingt das kommerziell-musicalische Ronacherabenteuer finanzieren zu müssen.
Ich will auch nicht als der Aberzigste der vergangenen Wochen hinterfragen, warum die kleinen und mittleren Theater dafür büssen sollen oder müssen.
Nein, ich will diesmal nur eine kleine Geschichte erzählen.
Die Theatergruppe 80 hatte jahrelang einen sehr aktiven, weil begeisterten Förderverein.
Diese aktiven und begeisterten Fördermitglieder bekamen nun von Ihrem Theater eines Tages einen Brief mit dem Inhalt, dass dieser Förderverein leider aufgelöst werden müsse, weil die offiziellen Gelder zum sinnvollen Weiterbetrieb nicht mehr reichen würden.
Eines dieser treuen und theaterbegeisterten Fördermitglieder wollte dies nicht einfach nur hinnehmen, sondern sammelte 96 Unterschriften von Gleichgesinnten und schrieb eine kleine Petition an den Wiener Kulturstadtrat.
Was tut nun so ein viel beschäftigter Mann. Ignoriert er 96 Kulturbegeisterte einfach und schreibt nicht zurück (wurde übrigens von der Absenderin erwartet), lässt er schimmelbriefig zurück schreiben oder macht er sich vielleicht sogar Gedanken?
Um die Spannung nicht noch weiter zu erhöhen - er schrieb zurück und erklärte, wie die Zukunft für die Theater aussieht. "Die beste Zukunftssicherung ist weiterhin ein reges Publikumsinteresse und diesen Wunsch möchte ich Ihnen und allen Unterzeichnern auch für die Zukunft ans Herz legen."
Dieser Rat hat sich wirklich auf die Herzen der Angesprochenen gelegt. Sie freuen sich auch ganz wild, dass die Zukunft der Wiener Theater an ihr Interesse delegiert wurde.
Vor allem natürlich aber auch, dass die zechnerische Zukunft des musicalischen Ronacher weiterhin stadträtische Herzensfinanzangelegenheit bleibt.
Darf ich Sie was fragen Herr Kulturstadtrat? Glauben Sie wirklich, dass es sehr intelligent war, Theaterbesuchern in einer Kulturstadt solch einen lustvoll zynischen und dreisten Rat zu erteilen? Oder sind Sie bereits so abgehoben, dass Sie selber an diesen Rat glauben???
Vielleicht könnten Sie ja dann die Frau Zechner mutig an- und deren Publikum fröhlich aufrufen, doch ja fleißig und regelmäßig zu musicalisieren, damit ...
Gott, war dieser Brief fies.
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