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Ursula Mayer - What Will Survive of Us: Modelle einer fluiden Zukunft

In ihrer ersten großen Personale in Polen im Schloss Ujazdów in Warschau ergründet Ursula Mayer Modelle einer Zukunftsperspektive auf physikalische, gender-basierte und technologische Entwicklungen, die aktuelle Fragen zur menschlichen Existenz auf den Prüfstand stellen. Durch die Verquickung von Mensch und Technologie sowie Formen künstlicher Intelligenz und einer Voranschreitung des Anthropozäns blickt Mayers Arbeit auf eine mögliche Zukunft und das Veränderungspotential einer biologistischen Verfasstheit.    

Seit mehreren Jahren arbeitet die Künstlerin mit dem Transgender Model Valentijn de Hingh, das für zwei aufwendige Videoinstallationen auf überdimensionalen LED Screens Momente von Feuer und Erde verkörpert. Insgesamt bespielt Mayer fünf Räume, die den klassischen Elementen Feuer, Wasser, Erde und Luft gewidmet sind und um die subtile fünfte Komponente des Akasha erweitert werden. In der aktuellen Theorie haben sich die vier Elemente im Feld einer geo-hydro-solar-biologischen Technopolitik erweitert. Nach Rosi Braidotti fordert ein auf Statistiken basierter „Turn“ des Planetaren eine Rückbesinnung auf genuin terrestrische Aspekte. Aus dem Sanskrit übertragen bedeutet Akasha soviel wie Äther und konnotiert einen unbegrenzten Raum, der wie die Zeit keine Wirklichkeit besitzt. De Hingh verkörpert jene raumentleerte Wirklichkeit mittels unsichtbaren Korsetts, das ihn/sie im Bildraum schwingen lässt und Momente der Transzendenz, die vor allem das Feuer evoziert, in den Vordergrund der Debatte rückt. Das Verschwimmen körperlicher und physikalischer Grenzen kulminiert bei de Hingh in einem Outfit der ebenso aus den Niederlanden stammenden Designerin Iris van Herpen und wird vom Make-up der „distorted drag“ PerfomerIn Hungry aus Berlin verstärkt, die sich auch für die Gesichts(de)formationen von Björk verantwortlich zeigt. De Hingh rekurriert auf Donna Haraways Cyborg Manifest und performt als Avatar, der symbolisch für zukünftige Verschränkungen von Mensch und Maschine steht. Während das erste Video „The Fire of Knowledge Burns All Karma to Ashes“ bereits 2019 auf der Istanbul Biennale gezeigt wurde, wurden alle anderen Arbeiten speziell für Warschau produziert. Im ersten Raum ebenso ein LED Schriftband mit einem poetischen Wortgeflecht, das durch einen Algorithmus aus dem Sanskrit die Bedeutungen der fünf Elemente vermittelt.

Der dem Element Wasser gewidmete Raum zeigt ein großes Wasserbecken mit zwei Polyester Lotus Skulpturen als Abguss von Kuhzungen, aus dem durch Rohre schließlich die Luftströme in den Raum, der der Luft gewidmet ist, weitergeleitet werden. Die Doppelmembranpumpe dient als Metapher für das menschliche Herz sowie als „Techno Living System“. Im der Luft gewidmeten Raum ist am Boden eine erdrunde Projektion eines Hasenherzens zu sehen, das durch einen Laser seziert und gleichzeitig verbrannt wird, um in Folge ein 3D Modell zu erstellen. Diese technologischen Möglichkeiten, die auch das physische Subjekt tangieren, enden schließlich im Akasha Raum mit einer sechs-Kanal Soundinstallation der israelischen Komponistin Na’ama Zisser. „Soundless Death“ nennt sich diese in keiner physischen Wirklichkeit verorteten Arbeit, die Akasha als Nullpunktenergiefeld definiert. Mayer ironisierte dies in ihrer Eröffnungsrede mit den Worten: „It might rain tomorrow. The weather forecast is: We are all going to die, and there will be no one left to remember our stories, but: What will survive of us?”

Mehr Texte von Walter Seidl

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Ursula Mayer - What Will Survive of Us
25.09.2020 - 17.01.2021

Centre for Contemporary Art - Ujazdowski Castle
00-461 Warschau, al. Ujazdowskie
Tel: (+48 22) 628 12 71-3, (+48 22) 628 76 83, Fax: (+48 22) 628 95 50
Email: csw@csw.art.pl
http://www.csw.art.pl
Öffnungszeiten: Mo 11:00 - 19:00, Fr 11:00 - 21:00


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