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Interview mit Dirk Boll

Der #Kunstmarktnachcorona. Welche Auswirkungen wird die Corona-Krise auf Galerien, Auktionshäuser und die weiteren Marktteilnehmer wie Kunstversicherer und -transporeure haben? Das artmagazine bringt in einer Serie von Interviews die Einschätzungen internationaler Akteure im Kunstbetrieb.

Dirk Boll ist Präsident EMEA (Europa & Großbritannien, Mittlerer Osten, Afrika) bei Christie’s

artmagazine: Welche Konsequenzen wird die Corona-Krise für das System der Auktionen haben, abgesehen von den aktuellen Ausfällen und Verschiebungen?

Dirk Boll: Für den größten Teil der angebotenen Objekte werden Online-Only-Auktionen in Zukunft der wichtigste, vermutlich der ausschließliche Absatzkanal sein. Die Wertgrenze zur Saalauktion wird sich dadurch massiv nach oben verschieben. Damit zwingt die aktuelle Situation die Branche in eine überfällige Strukturentwicklung. Daraus resultierende Kostensenkungen werden helfen, die Bandbreite von Unternehmen, im Markt abgebildeten Sammelgebieten und Wertspannen zu erhalten. Abendauktionen werden nach wie vor die Öffentlichkeit mit Informationen zu Preisen im Spitzenbereich versorgen, die für den Kunsthandel überaus wichtige Ankerpunkte sind.

Wird eine Marktbereinigung stattfinden? In welchen Bereichen?

Wie in allen Bereichen der Wirtschaft werden auch die Kunstmärkte von der Krise dauerhaft betroffen sein. Vermutlich wird es für große und kleine Unternehmen leichter, mit der neuen, regionalisierten Welt umzugehen. Der Mittelbereich könnte am stärksten leiden - hier treffen (zu) hohe Kosten auf (zu) geringe Marktdurchdringung. Der Erfolg von Messeunternehmen wird von ihrer Fähigkeit abhängen, für Einstiegs- und mittlere Werte attraktive digitale Formate zu gestalten und das Topsegment mit signifikant weniger Besuchern für die Aussteller profitabel weiterbetreiben zu können.

In den vergangenen zwei Monaten haben fast alle Marktteilnehmer inklusive der Künstler digitale Formate genutzt oder entwickelt. Was davon wird bleiben?

Alles, und noch viel mehr: Viele Menschen werden lange zurückhaltend sein, wenn es um größere Menschenansammlungen geht. Dies wird sie von der Teilnahme an Ausstellungseröffnungen, Messebesuchen, ganz generell von einem Teil ihrer Reisen abhalten. Kunstbetrachtung und -kauf ab Bildschirm waren ja schon vor der Krise verbreiteter, als wir in unserer Liebe zur direkten Rezeption von Originalen glauben wollten. Viele Sammelnde haben sehr schnell dazugelernt und sind mittlerweile ausgesprochen Internet-erfahren. Außerdem wird sich das digitale Erlebnis zügig und tiefgreifend weiterentwickeln.

Ob und inwieweit wird sich der Markt ins Digitale verschieben?

Messen werden virtuelle Räume sein, in denen man seine Freunde treffen kann, nachdem man gegen die Avatars konkurrierender Sammler einen Wettlauf um das begehrte Werk durchlitten hat. Digitale Ausstellungsbesuche werden den Austausch mit anderen Besuchern ermöglichen. Auch die Saalauktion wird eine digitale Zukunft haben. Umso wichtiger, dass es unmittelbare Kunstvermittlung am Objekt gibt – dies stärkt den Primärmarkt und, mehr noch, die Institutionen.

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Abbildung: Dirk Boll, Foto © Christie`s

Mehr Texte von Stefan Kobel

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