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Österreich. Fotografie 1970 - 2000: Herkunft in Bildern

Das Museum Mönchsberg zeigt bis zum Juli diese Jahres eine umfassende Ausstellung zur Fotografie in Österreich von 1970 bis 2000.

Die bahnbrechende Retrospektive war in etwas kleinerer Form bereits in der Albertina zu sehen und wurde in Salzburg um die eigenen Bestände der hier angesiedelten Fotosammlung des Bundes erweitert. Die Ausstellung stellt nicht nur Positionen der einzelnen Künstler vor, sondern thematisiert auch die Fotogeschichte Österreichs. Zur Sprache kommen die privaten Initiativen der 70er, deren Ziel es war die nicht vorhandenen Ausbildungsstätten für Fotografie zu ersetzen. Die Anstrengungen von Christine Frisinghelli und Manfred Willmann mit ihrer Gründung der bis heute existierenden Fotozeitschrift Camera Austria, 1980 in Graz werden thematisiert. 1981 folgte die Gründung des Salzburger Fotohofs, der bis heute ein wichtiger Ausstellungsort für zeitgenössische Fotografie ist. Auch das Bemühen von Otto Breicha ist zu erwähnen, dem es in den frühen 80er-Jahren gelang, die fotografische Sammlung im Museum der Moderne aufzubauen.

Erfahrbar wird dieses Stück Fotogeschichte aber an Hand der Fotografien, die in der Ausstellung zu sehen sind. Kurator Walter Moser erwähnt im einleitenden Text, wie unterschiedlich die österreichische Bevölkerung den Bruch in der Kontinuität der eigenen Identität durch die Ereignisse der Jahre 1938 bis 1945 wahrgenommen hat. Dass Österreich keine Heimat sondern nur eine Nation darstelle, wie Robert Menasse meinte, galt es für die Fotografen zu hinterfragen.

Besonders eindrucksvoll wird das bei den Bildtafeln von Heinz Cibulka, die 1981/82 entstanden sind. Dabei arrangiert er jeweils vier Aufnahmen ländlicher Motive zu einem Tableaux. Aufnahmen von Äpfeln finden sich neben lichtdurchfluteten Szenen mit Kühen und anatomischen Zeichnungen. Auch Fotografien von religiösen Gegenständen kommen vor - eine Abbildung einer Gott Vater Pieta neben Aufnahmen von frei herumlaufenden Hühnern.

Es sind zusammengestellte Bilder aus dem Weinviertel, das Cibulka aus Wien kommend für sich entdeckte. Es ist eine scheinbar von äußeren Einflüssen unberührte bäuerliche Welt, die dem Künstler hier begegnet. In seiner Bildästhetik ist auch eine Nähe zu Hermann Nitsch, den Orgien- und Mysterienspielen in Prinzendorf, überhaupt zum Aktionismus zu spüren. Fast scheinen diese Fotografien eine stille Antwort auf den rabaukenartigen vergangenen Faschismus zu sein.

Auch Manfred Willmann, der am Stadtrand fotografierte, thematisiert die österreichische Provinz. Zuerst in schwarz-weiß, dann in einer üppigen Farbigkeit. In „Das Land 1981-1993“ ist ein Bub nur mit Trainingshose bekleidet in der Dämmerung zu sehen. Die Farben heben sich stark voneinander ab. Die Spannung des Teenagers zwischen Freiheit und Konvention ist stark zu spüren.

Stellt sich die österreichische Fotografiegeschichte vor allem als eine Annäherung von den Rändern des Landes zu seinem Zentrum dar, so finden sich auch Beispiele für die Auseinandersetzung mit dem städtischen Raum.

Zu erwähnen ist dabei der Schriftsteller Bodo Hell, der 1981 in der edition neue texte, das Buch „stadtschrift“ herausgab, darin nahm er städtische Schriftreklamen auf. Seine ursprüngliche Idee, mit dem damaligen Doppeldeckerbus 13A fahrend die Schilder zu fotografieren dehnte Bodo Hell letztlich auf die ganze Stadt aus.

Ein ähnliche bewegtes Bild der Stadt schuf auch VALIE EXPORT mit ihrer 1973 entstanden Arbeit „HAlTE-STELLE BUSHALTE/Haltestelle“. Dafür versetzte sie Bushaltestellen, nahm immer wieder die Anfahrt des Busses und die darauf folgende leere Straße auf.

In den 70er-Jahren hatten es die Frauen in der österreichischen Fotografie offensichtlich ebenso schwer wie in anderen Domänen. In der Ausstellung vertreten ist neben EXPORT auch die österreichische Fotografin Elfriede Mejchar, die zwischen 1967 und 1976 die Peripherie der Stadt fotografierte. „Erdberger Mais und Simmeringer Haide“ zeigt verfallende Wohnstätten, ausrangierte Autos, Gemüsefelder und Strommasten. Es ist als wären wir mit Mejchar in den amerikanischen Weiten der 50er Jahre gelandet.

Einen ganz anderen Blick auf eine sehr wohl auch österreichische Identität richtet Lisl Ponger. Sie ist mit Aufnahmen aus ihrer Videoserie „Fremdes Wien“ und mit inszenierten Fotos zu „Xenographischen Ansichten“ 1995 vertreten. Das „Exotische“, der „koloniale Blick“ werden mit kolorierten Fotografien und gestellten Posen evoziert. Es ist nicht zuletzt ein Hinweis, dass Österreich mittlerweile ein Einwanderungsland ist.

Dieser Schau kann man nur viel Publikum und den Besuchern viel Konzentration wünschen, ist es doch eine stille Ausstellung, die einer vertieften Auseinandersetzung bedarf.

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Der Titel dieses Textes ist ein Zitat nach Reinhard Kaiser-Mühlecker

Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Österreich. Fotografie 1970 - 2000
10.03 - 01.07.2018

Museum der Moderne Salzburg Mönchsberg
5020 Salzburg, Mönchsberg 32
Tel: +43 / 662 / 84 22 20-403, Fax: +43 / 662 / 84 22 20-700
Email: info@mdmsalzburg.at
http://www.museumdermoderne.at
Öffnungszeiten: täglich 10-18 h, Mi 10-20 h


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